Impulse aus der Freiräume-Community zum Wert von Arbeit

Wann erleben Menschen ihre Arbeit als wertvoll? Woran bemisst sich in unserer Gesellschaft der Wert von Arbeit? Und wo endet Arbeit und beginnt Freizeit? Fragen zum Wert von Arbeit, dem Thema der Freiräume (Un)Conference 2023. Zur Vorbereitung haben Mitglieder der Freiräume Community sich zu Fragen wie diesen Gedanken gemacht und kurze Texte geschrieben. Als Einstimmung und Gedankenanregung für dich.

ChangeX

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie, die mit unserem Partner ChangeX, der Online-Plattform für Zukunftsideen, neue Wirtschaft und Innovation entstanden ist. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie kannst du im Sammelartikel Arbeit, Wert und Sinn – Impulse aus der Freiräume-Community zum Wert von Arbeit nachlesen.

Johannes Jahn über Arbeit, Freizeit, Sinn und Leben

Wie bewerten wir unsere Arbeit – und wer ist »wir«?

Bei der Frage nach dem Wert von Arbeit ist für mich der Bezugspunkt wichtig: Generell will ich Ressourcen erlangen, die ich zum Leben benötige. Diese tausche ich gegen meine geistige oder physische Arbeitskraft. Und frei nach Maslow gedacht: Kann ich meine grundlegenden Bedürfnisse damit decken, ist die Frage, ob ich damit zufrieden bin oder es noch andere Bedürfnisse gibt, die ich erfüllen möchte. In den letzten paar tausend Jahren hat uns dabei die Strategie „Horten von Gütern“ als Spezies gut weitergebracht. Jetzt sind wir mit der Situation konfrontiert, dass es in einigen Teilen der Erde eine ganze Generation gibt, die nie gehungert hat. In wenigen Generationen werden wir wissen, ob wir damit umzugehen gelernt haben.

Die Gesellschaft sucht in der Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung eine Verbesserung der Lebensumstände für ihre Mitglieder. Unternehmen zum Beispiel wollen ihre Produktion verbessern, Mitarbeitende ihre Arbeitsbedingungen. Die Frage ist, was die Sichtweise und die Messkriterien für dieses „Besser“ sind.

Hier scheint es eine Abhängigkeit von der Epoche und den gesellschaftlichen Umständen zu geben. Zu Zeiten von absoluten Regierungsformen war der Platz im eigenen Stand ein Wertmaßstab, und …

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Wie bewerten wir unsere Arbeit – und wer ist »wir«?

Bei der Frage nach dem Wert von Arbeit ist für mich der Bezugspunkt wichtig: Generell will ich Ressourcen erlangen, die ich zum Leben benötige. Diese tausche ich gegen meine geistige oder physische Arbeitskraft. Und frei nach Maslow gedacht: Kann ich meine grundlegenden Bedürfnisse damit decken, ist die Frage, ob ich damit zufrieden bin oder es noch andere Bedürfnisse gibt, die ich erfüllen möchte. In den letzten paar tausend Jahren hat uns dabei die Strategie „Horten von Gütern“ als Spezies gut weitergebracht. Jetzt sind wir mit der Situation konfrontiert, dass es in einigen Teilen der Erde eine ganze Generation gibt, die nie gehungert hat. In wenigen Generationen werden wir wissen, ob wir damit umzugehen gelernt haben.

Die Gesellschaft sucht in der Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung eine Verbesserung der Lebensumstände für ihre Mitglieder. Unternehmen zum Beispiel wollen ihre Produktion verbessern, Mitarbeitende ihre Arbeitsbedingungen. Die Frage ist, was die Sichtweise und die Messkriterien für dieses „Besser“ sind.

Hier scheint es eine Abhängigkeit von der Epoche und den gesellschaftlichen Umständen zu geben. Zu Zeiten von absoluten Regierungsformen war der Platz im eigenen Stand ein Wertmaßstab, und weder der Wechsel in einen anderen Stand (oder eine andere Zunft), noch ein Ausstieg aus dem System war ohne prekäre Folgen möglich. Mit der Zeit hat sich jedoch der Bezugsrahmen dieser Bewertung vorschoben: von einer gemeinschaftlichen Sichtweise hin zu einer Gruppe, der ich mich zugehörig fühle, oder gar zu einer ichbezogenen Perspektive. Wir haben gelernt, uns mehr auf unsere eigenen Werte zu besinnen, statt tradierte Vorstellungen zu übernehmen – gerade nach den Erfahrungen der NS-Zeit.

Stellung und Ergebnis der Arbeit sind dabei wichtiger gewesen als der Wert der eigentlichen Tätigkeit, die wir erbringen. Status und Prestige vermittelnde Dinge wie das Eigenheim, das Fahrzeug, ein Titel oder eine Position wurden wichtiger als die Tätigkeit, mit der wir sie erlangt haben. Das könnte dem Neoliberalismus geschuldet sein: wer anständig und fleißig ist, hat Erfolg und kann sich auch etwas leisten. Der (schon seit Sokrates) unzulässige logische Umkehrschluss wird leider heute noch angewendet: Wer nichts hat, sei eine faule Sau und verdiene nichts anderes – ich schäme mich für meine Generation, wenn ich das höre.

Egal, ob wir selbstreferenzierend aufgestellt sind oder eine Reaktion unserer Umwelt brauchen, um unseren Handlungen und Werken einen Wert beizumessen – jeder Mensch greift bei der Ausbildung des eigenen Wertekatalogs auf die Erfahrung und die Interaktion mit anderen Menschen zurück. Das macht es uns auch möglich, unsere Handlungen in unterschiedlichen Frames zu sehen und zu bewerten – schraubst du jeden Tag immer die gleiche Schraube in einen Metallblock oder baust du einen Ford?

In den letzten Generationen, die den Arbeitsmarkt beleben, ist hierbei eine Komponente hinzugekommen: der Sinn. Wer ein gelungenes Leben (André Heller) leben will, muss sich auch damit auseinandersetzen, wie das Attribut „gelungen“ gemessen wird. Die Fähigkeit, das eigene Leben als sinnvoll zu sehen, hat Viktor Frankl als Ergebnis der Orientierung an den eigenen Wertvorstellungen beschrieben.

Arbeit hat ihre Rolle als zentrale Instanz für Wert und Sinn eingebüßt. Familie, persönliches Engagement, Sport – also die Nicht-Arbeitszeit – nehmen einen immer höheren Stellenwert ein.

Aus Sicht der Arbeitgeber wird alles, was nicht Arbeitszeit ist, im Begriff „Freizeit“ – verkürzt – zusammengefasst. Kein Wunder, wenn die „hohen Freizeitansprüche“ der jungen Generation zu Jammern und Wehklagen führen.

Ich hingegen träume von einem Sinneswandel und einer neue Balance. Denn wir wissen alle, dass eine gut funktionierende Partnerschaft, ein gesunder Lebenswandel mit viel Bewegung und eine tiefe Beschäftigung mit Kunst und Kultur uns wandlungsfähig, resistent (und glücklich) machen – und damit auch nachhaltig arbeits- und leistungsfähig. Aber auch hier ist Balance das Ziel – und die Menge macht das Gift.

Johannes Jahn

Johannes Jahn, Veränderungsbegleiter mit 30 Jahren Erfahrung in Unternehmensentwicklung, IT und Vertrieb, ist Organisationsentwickler in der ITdesign, einer demokratischen Netzwerkorganisation. Er sagt: „Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung (Heraklit) – und es ist unsere Aufgabe, sie mit Sinn zu gestalten.“

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie, die mit unserem Partner ChangeX, der Online-Plattform für Zukunftsideen, neue Wirtschaft und Innovation entstanden ist. Alle bisher erschienenen Beiträge der Serie kannst du im Sammelartikel Arbeit, Wert und Sinn – Impulse aus der Freiräume-Community zum Wert von Arbeit nachlesen.