Was macht deine Organisation zu einem Pionier?
Das KLEX (Expositur des BG/BRG/MS Klusemannstraße, Graz) ist eine öffentliche Schule. Bei der Gründung gab es den Anspruch, in einigen Bereichen einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, u.a.:
- Tragfähige Beziehungen als Basis für gemeinsames Leben und Lernen (Gewaltfreie Kommunikation als wesentliche Säule des Schulkonzepts; GFK-Buddys; Wochenanfangs- und -abschlusskreise; kleine LehrerInnenteams führen gemeinsam eine Klasse)
- Autonomes und vernetztes Lernen (Offenes Lernen, Vernetzter Unterricht); hier gibt es viel Weiterentwicklung, z.B. Pulsarwoche, Projekte, vernetzte Reifeprüfung
- Flache Hierarchie innerhalb der Schule
Wie erlebst du das Spannungsfeld von Autokratie und Demokratie in deiner Organisation?
Sabine: Das öffentliche Schulsystem ist sehr hierarchisch aufgebaut. Auf einer untergeordneten Systemebene (z.B. einzelne Schule oder Klasse) diese Hierarchie dauerhaft aufzuheben bzw. abzuflachen ist systemtheoretisch und auch praktisch letztlich nicht möglich. Es liegt am Menschenbild der Führungspersonen, wie weit sie ihre Macht als „Macht mit“ oder als „Macht über“ verstehen und leben. Bei den MitarbeiterInnen / SchülerInnen zeigt sich meiner Erfahrung nach das Spannungsfeld von Autokratie und Demokratie als Spannungsfeld der Bedürfnisse nach Autonomie / Gestaltungsfreiraum und Sicherheit / Klarheit. Beteiligung und geteilte Verantwortung erfordert einen hohen Einsatz persönlicher Ressourcen.
Daniela: In unserer Schule erlebe ich nach einer Pionierphase, in der sich alle gern eingebracht haben in die Weiterentwicklung der Schule jetzt eher eine Phase des Rückzuges und der Frustration am System. Viele einzelne stellen sich, oft unausgesprochen, die Frage: „Warum sollte ich mich (noch) einbringen?“ – Im Hintergrund dieser Frage stehen oft Erfahrungen von autoritärem Drüberfahren in früheren Versuchen, sich einzubringen. Auch vermute ich, dass oft dort, wo man sich eingebracht hat, man nicht das Gefühl hatte, dass das wertgeschätzt wurde. Was aus diesem Rückzug folgt, ist Isolation und mangelnde Verbindung. Es stellt sich für mich also, in Hinblick auf Sich-Einbringen in erster Linie die Frage, wie man es schaffen kann, wieder in Dialog über gemeinsame Werte zu kommen und sich gegenseitig dafür wertzuschätzen. So könnte Verbindung und Hoffnung und Sinn entstehen. – In Spannung stehen solche Prozesse immer mit der grundsätzlich hierarchisch, autoritär verfassten Struktur des Bildungs- und Schulsystems, hier geht es um gemeinsame Positionierung, um gemeinsames Aushalten und Erleiden und auch darüber wieder in Verbindung kommen.
Eva: Ich bin in der glücklichen Lage, an der KLEX eigentlich immer Nischen zu finden, die es mir ermöglichen, meine alternativen Vorstellungen einzubringen. Vielfach erfahre ich Unterstützung von der Leitung, auf alle Fälle aber von fast allen KollegInnen, weshalb für mich eine Diskrepanz oder eine Spannung zwischen Autokratie und Demokratie nicht wirklich spürbar ist. Oft gelingt es auch auf einem anderen Weg, wenn der eine nicht funktioniert, das umzusetzen, was man im Sinn hat.
Warum sollte eine Teilnehmerin ausgerechnet zu deiner Pionierstation kommen?
Wir stellen ein cooles Demokratieprojekt der 4. Klassen vor.
Erkunde mit uns gemeinsam, was Demokratie-Lernen in der Schule bedeuten könnte, z.B. Teil einer Gemeinschaft in einer immer individualisierteren Gesellschaft zu sein …
Erfahre von uns, wie wir in einem Shared Vision Prozess einen Raum öffnen wollen für eine geteilte Vision unserer Schule.
Welche Fragen bringst du selbst zur Pionierstation mit?
Unser Wahl-Projekt mit den 4. Klassen hat sehr gut geklappt. Allerdings sind für die SchülerInnen mit ihren tollen Wahlprogrammen noch viele Fragen offen geblieben. Wie setze ich meine Ideen dann in die Praxis um? Welche Schritte muss ich setzen? Was ist möglich, was nicht und warum? An welche Personen/Institutionen kann ich mich wenden?
Welche anderen Themen befördern das demokratische Denken und Verhalten und lassen sich in der Schule gut vernetzen?
Wie sind Leistung und Muße (Open Mind, Open Heart als Voraussetzung für Beteiligung und Miteinander) vereinbar?
Wie kann man als Schule bewusst „Nichttun, lassen, sein, feiern…“, weil man erkannt hat, dass sich danach alle sehnen, ohne bei dem Versuch sofort wieder in Überaktivität zu verfallen? Was hilft beim Weglassen? Was braucht es zum guten Feiern?

Sabine Höfert

Daniela Weiner-Murschitz

Eva Faber